Arbeitgeber müssen Arbeitszeit erfassen

Schon mit der Entscheidung aus Mai 2019 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH, Urt. v. 14.5.2019, Az.: C-55/18) ausdrücklich festgestellt, dass effektiver Arbeitnehmerschutz nur dann gewährleistet ist, wenn die Arbeitszeit erfasst wird. Dazu sei ein „objektives, verlässliches und zugängliches System einzuführen, mit dem die (…) geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann.“

Erstaunlicherweise verstanden viele diese klaren Worte nicht als unmittelbar übertragbar auf die rechtliche Situation in Deutschland: Mit der klarstellenden Entscheidung (Beschl. v. 13.9.2022, Az.: 1 AZR 22/21) hat das Bundesarbeitsgericht nun ausdrücklich festgelegt, dass die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung bereits unmittelbar in Deutschland für jeden Arbeitgeber gilt. D.h. Arbeitgeber müssen Lage, Beginn, Dauer und Ende der Arbeitszeit tatsächlich erfassen, die bloße Bereitstellung eines Zeiterfassungssystems reicht nicht aus.

Mobbing-Schulung für Betriebsrat

Das Arbeitsgericht Darmstadt hat in einer Entscheidung vom 28. Januar 2020 klargestellt, dass Betriebsräte der Darlegung eines konkreten betrieblichen Anlasses auch dann genügen, wenn sie nicht den Namen von Personen nennen, die sie auf Situationen hinweisen, die als „Mobbing“ eingeordnet werden könnten. Betriebsräte müssen also nicht ihre KollegInnen „verraten“, um ihren Schulungsanspruch für die Teilnahme an einer Mobbing-Schulung durchzusetzen. Das Arbeitsgericht hob hervor, dass der präventive Charakter des Themas, keinen tatsächlichen Mobbing-Fall erfordere, sondern es ausreiche, dass der Betriebsrat Anhaltspunkt vortragen könne, die dafür sprechen, dass der Betriebsrat berechtigten Anlass hat, sich mit dem Thema zu befassen.

Der Schulungsanbieter kann nun nach fast einem Jahr darauf hoffen, die Seminarkosten endlich bezahlt zu bekommen. Das betroffene Betriebsratsmitglied erhält seine Auslagen erstattet, muss aber noch befürchten, dass der Arbeitgeber die einbehaltenen Gehaltszahlungen nicht freiwillig leistet. Denn die Gehaltszahlungen muss das Betriebsratsmitglied selber einklagen, auch wenn die Frage, ob die Schulung erforderlich ist, ja bereits geklärt wäre.

Betriebsräte sollten ihren Schulungsanspruch genau prüfen und im Zweifel auch durchsetzen. In vielen Fällen kann dies sogar im Eilverfahren erfolgreich sein, so dass eine gerichtliche Klärung noch vor dem Schulungsbesuch möglich ist.